October 29, 2006

Petition gegen Wahlcomputer

Am 10. Oktober schrieb ich über meine Bedenken gegen den Einsatz von Wahlcomputern. Ich wusste noch nicht, dass schon vier Tage vorher eine Petition gegen die Stimmabgabe mit Wahlgeräten beim Petitionsausschuss des Bundestages eingereicht worden war. In der Begründung wird die derzeitige Situation zusammengefasst und die Gefahren klar dargestellt:
[...] Werden Wahlcomputer (Wahlgeräte) eingesetzt, wird ein einfaches, unzählige Male erprobtes, evaluiertes und bewährtes System durch ein komplexes, von nur wenigen Einzelnen überprüfbares System ersetzt. [...] Auch die Überprüfung einer Wahl und die Aufklärung von Wahlbetrug nach Wahlen, wie beispielsweise 1989 in der DDR oder 2002 in Dachau, ist stark auf die physische Existenz von Wahlzetteln angewiesen und wird durch den Einsatz von Wahlcomputern wesentlich erschwert, wenn nicht gar unmöglich. [...]
Wer die Möglichkeit der Kontrolle von Wahlen nicht in die Hände einiger Experten abgeben und so Kontrolle gegen Vertauen eintauschen möchte, kann diese Petition noch bis zum 28. November 2006 durch seine Unterschrift unterstützen. Dieser Vorgang nimmt weniger als eine Minute in Anspruch. Bedenkenswert sind in diesem Zusammenhang sicher nicht nur rein technische, sondern auch soziotechnische Aspekte. Allein die Angst vor den unüberschaubaren Manipulationsmöglichkeiten der Geräte könnten Wahlverantwortliche dazu bewegen, die öffentliche Beobachtbarkeit und Überprüfbarkeit des Wahlvorgangs einzuschränken. Dass diese Gefahren nicht aus der Luft gegriffen, sondern bereits Realität sind, zeigt der Bericht der CCC-Wahlbeobachtergruppe von der Oberbürgermeisterwahl in Cottbus:
[...] Ebenfalls verweigert wurde uns die Begleitung eines Wahlvorstands mit Stimm-Modul und Ergebnisausdruck zum zentralen Wahlbüro. Die Teilnahme am Auslesen der Stimm-Module und damit an der Zusammenzählung der Wahlresultate fand ebenfalls unter explizitem Ausschluss der Öffentlichkeit statt. [...] Zusammenfassend ist festzustellen, dass wesentliche Teile der Wahl (Vorbereitung der Wahlcomputer und Summierung der Wahlergebnisse) unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfanden. [...] Eine effektive Kontrolle der Wahl war bedingt durch die prinzipiellen Eigenschaften von Wahlcomputern nicht möglich.
Besonders interessant finde ich diesen Teil:
Die zur Entdeckung einer etwaigen Manipulation erforderliche kritische Distanz gegenüber dem Wahlsystem war nur höchst selten anzutreffen. Die wenigen Wähler, die sich über den Einsatz von Wahlcomputern empört zeigten, waren von Beruf ausnahmslos Informatiker.
Woher kommt nur dieses blinde Vertrauen in die Computer? Vielleicht ähnelt das dem übergroßem Vertrauen, das wir als Nichtmediziner in die Möglichkeiten der modernen Medizin setzen, die aber von Medizinern selbst viel zurückhaltener eingeschätzt werden?

October 27, 2006

My Elipsed Birthday

Until recently, I didn't know that my birthday is also the Eclipse birthday. That means that, at least with respect to this point, I was perfectly synchronized with Eclipse, before it was even developed! For this reason, I will be at another birthday party on November, 7th, this year. So to say, my own birthday will be Eclipsed (which I don't mind at all ;-) Update: Hier ist die Einladung zur Eclipse-Geburtstagsfeier.

October 20, 2006

Mein schönes Marmordiplom

Sechs Jahre Informatik-Studium sind gestern abend ganz offiziell zu Ende gegangen. Jahre im Dreieck zwischen Sand, Morgenstelle und Clubhaus. Berge von Übungsblättern, Studo-Bar-Nächte, Abstraktion und Endliche Automaten. Erinnerungen, wie sich der Killer ganz am Ende des ersten Semesters in die erste Seite vertieft hatte ("Was ist Informatik?"). Geschirrberge im Wohnheim. Laufen im Schönbuch. Die roten Lichter der Morgenstelle nachts vom Balkon aus gesehen. Tannenzäpfle, Vektorräume. Die Unicolorsität. Im rot-gelben Tübinger Stadtbus nach Hause schaukeln. Unermüdliche Lernsessions im Brechtbau. Und am Ende steht ein lieblos mit M$ Word bedruckter Zettel, Arial auf kitschigem, braun marmoriertem Copyshop-Papier. Das ist doch mal was für's Auge. Herzlichen Dank für die Mühe, liebes Wilhelm Schickard-Institut. Ich geh mir gleich noch eine ganz teure Hülle dafür kaufen.
Diplom auf Marmorpapier
PS: Gefallen hat mir aber gestern, wie Professor Diehl in Ermangelung einer Bühne auf einen Stuhl stieg, um seine Festrede zu Ehren von Professor Spruth vorzutragen.

October 18, 2006

Todeswarnungen

Rauchen kann tödlich sein — derartige Warnungen, wie sie jetzt übergroß auf allen Zigarettenschachteln abgedruckt sind, schrecken gefasste Raucher offenbar wenig. Auch nicht, dass sie ihren Mitmenschen Schaden zufügen. Warum kümmert die das nicht? Theorie A: Sie glauben es nicht.   Halte ich für unwahrscheinlich. Tatsächlich sind ein Drittel aller Krebserkrankungen auf das Rauchen zurückzuführen, zum Programm gehören nicht nur Lungenkrebs, sondern auch Magenkrebs, Speiseröhrenkrebs, Kehlkopfkrebs und alle möglichen anderen unangenhmen Geschichten, die man sich lieber erst gar nichts vorstellen möchte. Dazu kommen weitere Gefahren wie Herzinfarktrisiko, Raucherbeine, Feinstaub und beim Rauchen frei werdende Radioaktivität (echt!). Im Gegensatz zur Nachkriegszeit weiß man mittlerweile mehr über die Gefahren des Tabakrauchens. Und wenn man das und das gelesen hat, dann kann man eigentlich nicht verstehen, warum nicht jeder, dem sein Leben lieb ist, sofort damit aufhört. Theorie B: Der Genuß überwiegt.   Klar, Rauchen ist ein sehr angenehmes Genussmittel, es hilft bei Stress und hat auch eine soziale Komponente, wie die siebenminütige Schwatz-Pause, die man nicht ausschlagen kann etc. Aber unter Androhung eines frühen und sehr unangenehmen Todes wird man doch dafür einen Ersatz finden können. Theorie C: Die Suchtwirkung des Nikotins.   Sicher nicht zu vernachlässigen. Aber die verblüffende Selbstverständlichkeit, mit der alle Warnungen in den Wind geschlagen werden, erklärt das noch nicht. Das enorme Selbstbewußtsein, mit der der blaue Rauch in alle Richtungen gepustet wird, passt irgendwie nicht zum Bild eines Süchtigen, der gerne wollte, aber einfach nicht davon loskommt. Theorie D: Die Kognitive Dissonanz.   Ein allgegenwärtiger psychologischer Mechanismus, der zum Ausblenden unangenehmer oder unvereinbarer Informationen führt. So eine Art Gewissensberuhigung. In diese Kategorie gehören alle irrationalen Argumente wie "jeder stirbt mal", "mein Großvater ..." usw. Funktioniert ausgezeichnet in Kombination mit Theorie B. Ich habe selbst viele Jahre lang geraucht und nach meiner Einschätzung waren die Theorien B und D auf meinen Fall besonders anwendbar. Allerdings wußte ich auch nicht, wie krass die Gefahren sind. Als ich das erfuhr, warf ich A, B, C, und D über den Haufen und hörte auf. C, also das starke Verlangen nach Rauch, besonders beim Alkoholgenusse war dabei nicht zu vernachlässigen, aber überwindbar. Zusammenfassend schätze ich D als schwerwiegendstes Problem ein, das dafür verantwortlich ist, daß sich viele Leute derart unnachvollziehbar verhalten. Dabei kann dieses Phänomen auch zum Vorteil genutzt werden. Wer sich einmal entschlossen hat, frische Luft zu atmen und seinen Geruchssinn wiederzuerlangen, und das Rauchen aufgibt, hat schon nach einigen Jahren sein Risiko drastisch reduziert und die kognitive Dissonanz ebenfalls aufgehoben. Glücklicherweise geht die Tabakindustrie sehr verantwortungsvoll mit dem Thema um und weist jetzt noch drastischer auf die Gefahren hin, indem sie die Kippen nur noch in kleinen hölzernen Särgen verkauft:

October 14, 2006

Eclipse Summit

Wednesday and Thursday, I've been at the Eclipse Summit Europe in Esslingen. It's an event for Eclipse professionals and I felt a bit lost among all these experts. Without the experience of years of Smalltalk-, Java-, Eclipse-, etc. business, it's sometimes hard to follow. Anyway, I learned a lot there. I got to know some projects that I was'nt aware of before, such as the Rich Ajax Platform (RAP) by Innoopract that emulates a complete Eclipse UI in a web browser using HTML and JavaScript. Also BIRT was completely new to me. In a so-called BoF meeting, Alexei Aristov presented a new way to create RCP applications using only a markup language (RCML) and some scripting. I found that approach very impressing and promising, but some people argued that XML is again just code and thus it wouldn't really simplify things. Well, I think there is still a difference between declaring and programming, and things like a static user interface can be declared just as well. This also makes it easier to let different people create the UI and the logic, and to adapt UI code when some API changes. Well, but that's just one thing that concerned me. In the RCP symposium, I presented some of the rich client features from my thesis and suggested that some security and client-server capabilities are still missing in RCP. This was immediately contradicted by some people and raised a discussion whether the RCP is about client/server applications at all. To my surprise, most people denied this and said RCP is only a UI platform and things like client-server communication or security would only bloat it. Well if that's the general view on RCP, then the name Rich Client Platform is really misleading. I consider a rich client as the client part of a distributed application — opposed to a thin client, which also needs a server. Later in a talk, Wayne Beaton said, he wasn't very comfortable with the name RCP anyway because it was actually not a name but a description (and obviously not a good one). Something like Callisto is indeed much cooler. After all, I listened to some very interesting fellows and learned about a lot of projects I didn't know before.

October 10, 2006

Suspicious Looking Device

Have a look at this amazing device, designed to look suspicous! :-))) You can find other nice stuff there too. When I see such things I sometimes wish to become an artist... Well, maybe later...

Voting Machines

A while ago on one of my random walks, I had a talk with a friend concerning the use of computers for elections. Without knowing anything about the topic, I remember that I had strong objections to this idea. For a simple reason: computers are machines that process information invisibly. You can not observe what's going on inside. Not even a computer expert can tell quickly and safely whether a machine has been manipuated or not. And attacks cannot be ruled out for sure. With ballot papers this is a different story, even if a machine is used to scan the papers and count the votes in order to make a fast prediction. The difference is that the results can still be reviewed by human beings afterwards. When an election is conducted without any permanent physical proof, we have to trust the machine without a chance to control their correct function. So far that's what I thought about the subject. However, the topic is actually hotter than I expected. Some weeks ago, I read at Martin Fowlers place, that also he cannot understand how a voting machine without a clear, auditable paper trail could be considered acceptable for voting. He referred to a paper from Princeton that showed how a voting machine (the Diebold AccuVote-TS) can be manipulated within one minute. This type of machine has actually been used in the US. Still I didn't know that voting machines have even been used in Germany already. Yes, they have been, namely in the latest parliamentary elections, in 2200 of 80,000 electoral districts (two million voters), and also in the local elections in Hessen this year. The machines used (Nedap) are very similar to those used in the Netherlands, where the project Wij Vertrouwen Stem Computers Niet reverse engineered such a machine and showed how, when given brief access to the devices at any time before the election, we can gain complete and virtually undetectable control over election results. Furthermore, they discovered that radio emanations from an unmodified ES3B can be received at several meters distance and be used to tell who votes what. Again, almost the same type of machine is used in Germany! Of course, also in Germany, many computer experts advise against the use of these machines. The PTB, the institute that has approved the devices has now admitted that manipulations are possible. The Chaos Computer Club demands that voting machines must be banned in Germany. I absolutely agree!

October 08, 2006

Wir haben ein Problem

Ich bin ja schon seit langem der Meinung, daß wir in Deutschland ein Bildungsproblem haben. Damit meine ich nicht nur organisatorische Probleme wie leere Kassen, überfüllte Klassen, Lehrermangel und so weiter. Ich meine vor allem unsere Einstellung zur Bildung und den Anspruch und die Art der Bildung, die in den Schulen (und nicht nur dort) vermittelt wird. Welchen Stellenwert Bildung in Deutschland hat, kann man doch an allen Ecken ablesen: Zum Beispiel an der immer mehr auf Emotionen ausgerichteten Gestaltung des öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramms (von 15 Minuten Nachrichten kommt 7 Minuten irgendwas vom Papst o.ä., 3 Minuten Kurznachrichten, dann 3 Minuten Fussball, der Rest Wetter und Lottozahlen). Oder wenn man einfach nur einen Platz sucht, an dem man in Ruhe arbeiten kann, auch in Unibibliothek keinen findet und sich wie ein Aussätziger fühlt, weil man lesen will. Wer Rasen mäht (arbeitet) kann weitermachen, wer liest (anstatt arbeitet) der soll sehen wo er bleibt. Wenn man einen Blick in die Zeitung riskiert, mit der sein Sitznachbar in der Bahn sich gerade weiterBILDet (POLIZEI FAHNDET NACH DIESEM BUSEN!). Oder auch wenn man die öffentliche Meinung über Studenten mit anhören muß (stehen morgens um 14:00 auf, usw. ...). Was ich an der Uni erlebt habe, war viel Stress und schwere Arbeit. Ja, und was wir unter Bildung verstehen: nicht das sture Aneignen von nutzlosem Wissen sondern der Erwerb der Fähigkeit zum Denken in Strukturen, zum Einordnen von Fakten, das Verstehen von Zusammenhängen, -- bis hin zum Übernehmen von Verantwortung. Vielleicht liegt mir das Thema deshalb besonders am Herzen, weil ich mein Abitur erst mit 26 nachgeholt habe und dabei selbst erfahren habe, wie enorm Bildung die eigene Wahrnehmung und die Rolle, die man in der Gesellschaft einnimmt, verändert. Letzte Woche habe ich in einem Interview mit Prof. Gunter Dueck in der Computer-Zeitung ein Statement gelesen, das mir genau aus der Seele spricht. Ich zitiere diesen Ausschnitt hier:
[Dueck liest aus einem Brockhaus Lexikon von 1960 vor] „Gebildet ist nicht, wer nur Kenntnisse besitzt und Praktiken beherrscht, sondern wer durch sein Wissen und Können teilhat am geistigen Leben; wer das Wertvolle erfasst, wer Sinn hat für Würde des Menschen, wer Takt, Anstand, Ehrfurcht, Verständnis, Aufgeschlossenheit, Geschmack und Urteil erworben hat. Gebildet ist in einem Lebenskreis, wer den wertvollen Inhalt des dort überlieferten oder zugänglichen Geistes in eine persönlich verfügbare Form gebracht hat.“ Nun? Gänsehaut, oder? Neben mir hat eine echte Kultusministerin bei einer Diskussion ihre Definition gegeben: „Bildung ist Erziehung zur Berufsfähigkeit.“ Prof. Gunter Dueck ist IBM Distinguished Engineer, bekannt durch seine Bücher und die lesenswerte Kolumne im Informatik Spektrum. Das komplette Interview kann man hier nachlesen.
Und genau da liegt unser Bildungsproblem, das man sicher nicht nur auf politischer Ebene lösen kann. Gerade die Förderung von Eliten trägt da überhaupt nicht zur Lösung bei. Studiengebühren ebensowenig.