April 04, 2007

Zen

Heute möchte ich von meiner neuesten Entdeckung berichten: sie begann mit einem Zeit-Artikel über den Buddhismus. Eigentlich interessiere ich mich überhaupt nicht für Religionen, weil ich glaube, dass uns der Verstand gegeben wurde um ihn zu benutzen. Aber beim Lesen fiel mir auf, dass dem Buddhismus einige wesentliche Merkmale anderer Religionen fehlen: Zunächst gibt es keinen Gott, obwohl Götter auch nicht ausgeschlossen werden. Schon mal ein sehr liberaler Ansatz. Ferner gibt es keine ultimative, "von Gott gegebene" Heilige Schrift, dafür werden einem eine ganze Reihe von Büchern weiser Menschen empfohlen. Ich will hier nicht alles schlau nacherzählen, was in der Wikipedia viel besser steht. Nur sagen, dass mir der Buddhismus nach allem eher als eine ganz erstrebenswerte Lebensweise erscheinen will, mehr wie eine Kunst als eine Religion. Im Mittelpunkt dieser Kunst steht die eigene Einsicht in größere Zusammenhänge des Weltkreislaufes, in den man selbst eingebunden ist, nicht das bloße Annehmen eines bestehenden Regelkanons oder das Bekenntnis zu einer Phantasie, die der eigenen Vernunft Hohn spricht. Aus dieser Einsicht ergibt sich von selbst eine entsprechende, achtsame Lebensweise. Und natürlich Glück. Glück stellt sich sozusagen ein, wenn man lernt, das aufzugeben, was Unglück erzeugt. Klingt alles sehr einfach, aber die Sache hat einen Haken: man muss sehr viel meditieren und ich habe ein kriegerisches Verhältnis zur Zeit. Aber mal sehen. Man muss nicht alles so genau nehmen. Und keine Sorge, ich habe nicht vor, mich jetzt von der realen Welt zu verabschieden, ganz im Gegenteil. Tatsächlich ist es nämlich ein Bestandteil des "Achtfachen Pfades", sich ganz auf die eigene Realität zu konzentrieren, wie unwichtig sie auch sein mag. Ich werde auch nicht den maßvollen Biergenuss aufgeben aber vielleicht aus Mitgefühl mit anderen fühlenden Wesen noch etwas weniger Fleisch essen als ich das ohnehin schon mache. Tatsächlich habe ich nämlich die ersten Schritte in der letzten Zeit schon zurückgelegt, unwissentlich. Eigentlich ist meine Entdeckung eine Wiederentdeckung, denn ich habe das Thema schon öfter gestreift. Aber meistens braucht man ja mehrere Anläufe. Schon in jungen Jahren führte ich zuweilen ein Zitat aus dem Tarkowski-Film "Stalker" im Munde, das mich nachhaltig beeindruckt hatte:
Wenn der Mensch geboren wird, ist er schwach und biegsam, wenn er stirbt, ist er hart und stark. Wenn ein Baum wächst, ist er weich und biegsam, wenn er trocken und dürr ist, muss er sterben. Härte uns Stärke sind Gefährten des Todes, Biegsamkeit und Schwäche bekunden die Frische des Seins. Darum kann nicht siegen, was verhärtet ist. (so ungefähr, aus dem Kopf)
Das stammt ursprünglich aus dem einer Sammlung von 81 Sprüchen, die der Weise Laotse der Legende nach einem Zöllner ausgehändigt hat, das TaoTeKing. Kein buddhistisches Buch, aber aus dem gleichen Dunstkreis. Mir geht es ja um die Ideen, nicht um die reine Lehre. Später, bei der Lektüre des Klassikers "Zen and the Art of Motorcycle Maintenance" war ich fasziniert von der Ruhe und Überlegung, mit der der Erzähler sein Motorrad reparierte und dabei mit der Welt in Einklang war. Ich hatte auch mal ein Büchlein mit Kurzgeschichten, wie sie im Zen-Buddhismus beliebt sind, um etwas schwer zu Erklärendes zu verdeutlichen. Sie klingen meistens etwas paradox, aber wie im WP-Artikel über Zen bemerkt ist, liegt das einfach am Versuch über etwas zu sprechen, das der Sprache nicht zugänglich ist. In den ersten Semestern in Tübingen tauschte ich mit einen Mathe-Tutor begeistert solche Geschichten aus. Der fing dann aber mit TaiChi-Übungen an was mir irgendwie suspekt vorkam, und so kam ich wieder von der Sache ab. Bevor ich Euch aber noch weiter mit meiner Biographie langweile, kopiere ich lieber eine kleine Zen-Geschichte, die ich in der Wikipedia gefunden habe:
Ein alter Mann, der in seinem Dorf für töricht gehalten wurde, hatte ein Feld, das von seinem Sohn mit einem Pferd bearbeitet wurde. Eines Tages, als das Pferd entlaufen war, bedauerten ihn alle Nachbarn und sagten: "Welch ein Unglück!" Der alte Mann jedoch erwiderte: "Glück oder Unglück, was solls." Einige Tage später kehrte das Pferd mit zwei weiteren wilden Pferden zurück und die Nachbarn beneideten ihn: "Welch ein Glück!" Der alte Mann jedoch erwiderte: "Glück oder Unglück, was solls." Einige Tage später fiel der Sohn des alten Mannes beim Zureiten der wilden Pferde aus dem Sattel und brach sich das Bein. Wieder bedauerten ihn alle Nachbarn und sagten: "Welch ein Unglück!" Der alte Mann jedoch erwiderte: "Glück oder Unglück, was solls." Einige Tage später kamen die Soldaten des Kaisers und rekrutierten alle jungen Männer des Dorfes, nur den jungen Mann mit dem gebrochenen Bein ließen sie zurück. Und wieder beneideten ihn die Nachbarn: "Welch ein Glück!" Der alte Mann jedoch erwiderte: "Glück oder Unglück, was solls." Hinfort hielten alle im Dorf den alten Mann für weise. (veröffentlicht unter den Bedingungen der GNU FDL)

No comments: