October 18, 2006

Todeswarnungen

Rauchen kann tödlich sein — derartige Warnungen, wie sie jetzt übergroß auf allen Zigarettenschachteln abgedruckt sind, schrecken gefasste Raucher offenbar wenig. Auch nicht, dass sie ihren Mitmenschen Schaden zufügen. Warum kümmert die das nicht? Theorie A: Sie glauben es nicht.   Halte ich für unwahrscheinlich. Tatsächlich sind ein Drittel aller Krebserkrankungen auf das Rauchen zurückzuführen, zum Programm gehören nicht nur Lungenkrebs, sondern auch Magenkrebs, Speiseröhrenkrebs, Kehlkopfkrebs und alle möglichen anderen unangenhmen Geschichten, die man sich lieber erst gar nichts vorstellen möchte. Dazu kommen weitere Gefahren wie Herzinfarktrisiko, Raucherbeine, Feinstaub und beim Rauchen frei werdende Radioaktivität (echt!). Im Gegensatz zur Nachkriegszeit weiß man mittlerweile mehr über die Gefahren des Tabakrauchens. Und wenn man das und das gelesen hat, dann kann man eigentlich nicht verstehen, warum nicht jeder, dem sein Leben lieb ist, sofort damit aufhört. Theorie B: Der Genuß überwiegt.   Klar, Rauchen ist ein sehr angenehmes Genussmittel, es hilft bei Stress und hat auch eine soziale Komponente, wie die siebenminütige Schwatz-Pause, die man nicht ausschlagen kann etc. Aber unter Androhung eines frühen und sehr unangenehmen Todes wird man doch dafür einen Ersatz finden können. Theorie C: Die Suchtwirkung des Nikotins.   Sicher nicht zu vernachlässigen. Aber die verblüffende Selbstverständlichkeit, mit der alle Warnungen in den Wind geschlagen werden, erklärt das noch nicht. Das enorme Selbstbewußtsein, mit der der blaue Rauch in alle Richtungen gepustet wird, passt irgendwie nicht zum Bild eines Süchtigen, der gerne wollte, aber einfach nicht davon loskommt. Theorie D: Die Kognitive Dissonanz.   Ein allgegenwärtiger psychologischer Mechanismus, der zum Ausblenden unangenehmer oder unvereinbarer Informationen führt. So eine Art Gewissensberuhigung. In diese Kategorie gehören alle irrationalen Argumente wie "jeder stirbt mal", "mein Großvater ..." usw. Funktioniert ausgezeichnet in Kombination mit Theorie B. Ich habe selbst viele Jahre lang geraucht und nach meiner Einschätzung waren die Theorien B und D auf meinen Fall besonders anwendbar. Allerdings wußte ich auch nicht, wie krass die Gefahren sind. Als ich das erfuhr, warf ich A, B, C, und D über den Haufen und hörte auf. C, also das starke Verlangen nach Rauch, besonders beim Alkoholgenusse war dabei nicht zu vernachlässigen, aber überwindbar. Zusammenfassend schätze ich D als schwerwiegendstes Problem ein, das dafür verantwortlich ist, daß sich viele Leute derart unnachvollziehbar verhalten. Dabei kann dieses Phänomen auch zum Vorteil genutzt werden. Wer sich einmal entschlossen hat, frische Luft zu atmen und seinen Geruchssinn wiederzuerlangen, und das Rauchen aufgibt, hat schon nach einigen Jahren sein Risiko drastisch reduziert und die kognitive Dissonanz ebenfalls aufgehoben. Glücklicherweise geht die Tabakindustrie sehr verantwortungsvoll mit dem Thema um und weist jetzt noch drastischer auf die Gefahren hin, indem sie die Kippen nur noch in kleinen hölzernen Särgen verkauft:

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